MDL-Mielich zu Besuch

„Toll, dass Sie so eine Einstellung haben“

Abgeordnete Bärbl Mielich diskutiert mit Müllheimer Schülern über Flüchtlingsintegration und TTIP.

Mi, 04. Mai 2016
Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung.
von: Alexander Huber

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Intensive Diskussion: Bärbl Mielich in Georg-Kerschensteiner-Schule in Müllheim. Foto: A. Huber

MÜLLHEIM (hub). Es gibt Momente, in denen einen die leise Ahnung beschleicht, die Welt könnte ein besserer Ort sein, wenn mehr auf junge Menschen gehört würde. Der Besuch von Bärbl Mielich bei Klassen des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums an der Georg-Kerschensteiner-Schule in Müllheim anlässlich des Europa-Tages am 2. Mai war ein solcher Moment. Anderthalb Stunden lang diskutierte die Breisgauer Landtagsabgeordnete der Grünen mit den Schülern intensiv über die Themen Flüchtlingsintegration und TTIP.

„Ich finde es toll, dass Sie so eine Einstellung haben. Das ist ja nicht selbstverständlich“, lobte Mielich die Schüler, nachdem relativ rasch deutlich wurde, dass die die Zuwanderer nicht als Bedrohung empfinden, sondern sich eher Sorgen darüber machen, wie die Integration möglichst gut gelingen kann. Da war es denn ausgerechnet an der Grünen-Politikerin etwas strengere Positionen zu vertreten – etwa als sie unmissverständlich ihren Unmut darüber kundtat, wie wenig sich andere Länder in der EU, zum Beispiel Polen und Ungarn, um die Aufnahme von Flüchtlingen scheren. Aus ihrer Sicht, so Mielich, sollte da auch mal „eine klarere Kante“ gezeigt werden. Es gehe nicht an, dass solche Länder etwa von hohen finanziellen Zuwendungen der EU für ihre Landwirtschaft profitierten, sich aber humanitären Verpflichtungen verweigerten.

Ob es denn so klug sei, Flüchtlinge in Länder zu schicken, in denen sie so wenig willkommen seien, fragte eine Schülerin und brachte Mielich damit kurzzeitig in Erklärungsnot. Wie überhaupt die Landtagsabgeordnete es auf angenehme Art weitgehend vermied, die üblichen Politiker-Floskeln abzusondern, auch wenn das mit dem offenen Eingeständnis verbunden war, nicht für alle Probleme eine Lösung präsentieren zu können.

Keine einfachen Antworten etwa gab es auch auf die Frage, wie sich Parallelgesellschaften vermeiden lassen. Ein Schüler schilderte anschaulich seine eigene Situation zwischen zwei völlig unterschiedlichen Welten: zuhause ein konservatives und strenges Elternhaus, in der Schule und im Freundeskreis liberale Wertvorstellungen. „Ich kann mir vorstellen, wie schwierig das für Sie ist“, meinte Mielich, „aber wir brauchen gerade solche Menschen wie Sie, die zwischen diesen Welten vermitteln können.“ Generell gelte es, die Fehler zu vermeiden, die bei der Ankunft der Gastarbeiter in den 1960er- und 80er-Jahren gemacht wurden, als zu wenig für die Integration getan wurde, weil man fälschlicherweise annahm, die Gastarbeiter würden wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren.

Das Gespräch zeigte auch: Die Schüler machen sich viele Gedanken darüber, wie sehr prekären Verhältnisse überall auf der Welt für Flucht und Vertreibung sorgen. Und sie sehen auch die Mitschuld der wohlhabenden westlichen Welt. Sei es der enorme Ressourcenverbrauch, den der gegenwärtige Lebensstil hierzulande nach sich zieht; sei es der offenbar kaum zu bremsende Waffenexport auch aus Deutschland, der Konflikte überall auf der Welt noch zusätzlich verschärft. Dass es vor allem das große Geld ist, dass die Welt regiert, bedrückt die Schüler offenkundig. Das wurde auch in der Diskussion um TTIP deutlich. Für Mielich, die sich als entschiedene Gegnerin des Freihandelsabkommens in der derzeit anvisierten Form positionierte, waren die just am Tag ihres Schulbesuchs öffentlich gewordenen Geheimpapiere zu den TTIP-Verhandlungen Wasser auf die Mühlen ihrer Ablehnung. Und diese teilte sie weitgehend mit den Schülern. Warum überhaupt noch wählen gehen, wenn doch TTIP und andere Vorkommnisse zeigten, dass längst die Wirtschaft bestimme, wohin die Reise gehe und nicht mehr die Politik, wollte ein junger Mann wissen. Diesen Fatalismus wiederum wollte Bärbl Mielich nicht stehen lassen: „Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich zu engagieren“, sagte die Landtagsabgeordnete. „Es ist nun auch an Ihrer Generation, Verantwortung zu übernehmen.“

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