Die Europäer von morgen

Mi, 23. Mai 2012
Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung.
von: Sigrid Umiger

Georg-Kerschensteiner-Schule Müllheim und das Lycée Armand Mulhouse: Hochzeit nach 40-jähriger Zusammenarbeit.

Roboter balancieren Bälle auf der Buckelpiste – das haben Schüler aus Müllheim und Mulhouse entwickelt, ein gemeinsames Projekt das mit Interreg-Mitteln gefördert wird. Foto: Sigrid Umiger
Roboter balancieren Bälle auf der Buckelpiste – das haben Schüler aus Müllheim und Mulhouse entwickelt, ein gemeinsames Projekt das mit Interreg-Mitteln gefördert wird. Foto: Sigrid Umiger

MÜLLHEIM. Der Verschwisterungsakt der Georg-Kerschensteiner-Schule Müllheim und des Lycée Armand Mulhouse ist vollzogen. Das erste Beschnuppern und Kennenlernen begann 1972. Daraus entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit bei mehreren Schülerprojekten. Den guten Rat „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ habe man beherzigt und 40 Jahre bis zur Hochzeit gewartet, betonte die Müllheimer Schulleiterin Beate Wagner am Montag bei der Jumelagefeier in der Kerschensteiner-Schule.

Zentrum der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sei neben der Sprachförderung immer der europäische Gedanke gewesen, mit dem Kennenlernen der Kulturen und der unterschiedlichen Lebensart, sagte die Direktorin. Sie dankte den finanziellen und ideellen Unterstützern, wie dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald als Schulträger, dem Regierungspräsidium Freiburg, dem Département du Haut-Rhin und dem Schulförderkreis. Auch das Jugendwerk, die Robert-Bosch-Stiftung und Firmen, wie das Müllheimer Steinbeiss-Institut seien unverzichtbare Partner, so Beate Wagner.Mit Blumen dankte sie den beteiligten Lehrkräften, wie dem Mitbegründer Walter Hirning, Reinhold Berger, Helmut Bartke, Dagmar Traub und Alexander Disch. Die Lehrer aus Mulhouse erhielten die Blumen vom Rektor des Lycée Armand, Jean-Luc Schildknecht.

„Wir sind hier unter Freunden“, betonte Schildknecht. Europa brauche viele Verträge, aber das Wichtigste sei der Alltag. Barrieren würden am besten durch Zusammenarbeit entfernt. Er sprach allen an den Projekten beteiligten Schülern und Lehrern ein großes Kompliment aus, denn, so Schildknecht: „Wir bilden heute die europäischen Bürger von morgen.“ Nachdem beide Schulleiter den Verschwisterungsvertrag unterzeichnet hatten, lud Jean-Luc Schildknecht alle Gäste ein zur Feier des ersten Hochzeitstages in Mulhouse im nächsten Jahr.Barbara Berhorst, Referentin im Regierungspräsidium Freiburg, sprach von einem Meilenstein für beide Schulen. Das Zusammenwachsen in Europa verbessere auch die Zukunftschancen für die Jugend. In Vertretung von Landrätin Störr-Ritter begrüßte Tobias Fahrländer vom Landratsamt auch das aktuelle Projekt beider Schulen, bei dem mit industrieller Software Roboter bewegt werden. „Das trifft den Zeitgeist am Oberrhein“, betonte Fahrländer. Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald habe als einziger Landkreis in Baden-Württemberg einen grenzüberschreitenden Ausschuss, um die Kontakte an der gemeinsamen, 40 Kilometer langen Grenze, zu intensivieren. Der Antrag auf Fördermittel aus dem Interreg-IV Oberrhein Kleinprojektefonds (für den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und das Départemement du Haut-Rhin) sei bereits gestellt und bewilligt worden. Er erwarte, dass Straßbourg demnächst die Mittel für das Roboterprojekt frei gebe, sagte Tobias Fahrländer.

Bürgermeisterin Astrid Siemes-Knoblich begrüßte die Gäste auch in fließendem Französisch. Die Schul-Jumelage sei besonders begrüßenswert. Interkulturelle Kompetenz sei notwendig und könne nicht früh genug erworben werden, betonte die Bürgermeisterin. Zur gelebten Globalisierung gehöre nicht nur das Verstehen von Vokabeln, sondern auch das Verständnis für die Kultur des Nachbarn, gepaart mit Herz und Verstand. Deshalb müsse man die Grenzen im Kopf entfernen und die Chancen annehmen. An die Schulen, Lehrer, Geldgeber und an die Schüler appellierte Astrid Siemes-Knoblich: „Bleibt lebendig.“Unterstützt werden die Projekte auch von der Akademie Straßbourg, deren Vertreterin Marie-Reine Bitsch zur besiegelten Verschwisterung gratulierte. Mit Werken von Mozart und Beethoven begeisterte ein Trio aus zwei Lehrern und der Schülerin Annemarie Deiß mit der Klarinette. Dann stellten die Schüler aus beiden Schulen ihr laufendes Projekt „Robotik an der Schule“ vor. Sie haben die Hard- und Software entwickelt und die Roboterfahrzeuge mit Allradantrieb gebaut, die ferngesteuert einen Ball über eine Buckelpiste aus Holz transportieren, ohne den Ball zu verlieren.
Wenn sich die Schüler mal in Mulhouse, mal in Müllheim zum Arbeiten treffen, wohnen sie in Gastfamilien. Dafür bedankte sich jeder Schüler in der Sprache seines Nachbarlandes. Selbstgemacht von Schülerinnen war auch das anschließende Büfett. Nur die Roboter fehlten. Aussuchen musste jeder Gast selbst.

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