„Ein ungemein belebendes Modell“
Lehrer und Leitung der Georg-Kerschensteiner-Schule in Müllheim wollen ihr Sozialwissenschaftliches Gymnasium nicht aufgeben.
Fr, 19. Oktober 2012
Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung.
von: Gabriele Babeck-Reinsch
MÜLLHEIM. Schulleitung und Lehrer der Georg-Kerschensteiner-Schule wollen auf keinen Fall das besonders erfolgreiche Sozialwissenschaftliche Gymnasium aufgeben. Sie wenden sich damit gegen Pläne, die im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Aufbau von Bad Krozingen als Berufsschulstandort stehen. Um die möglichen Perspektiven für Müllheim auszuloten, haben Stadt und Landkreis als Schulträger jetzt eine Gesprächsrunde mit den Schulleitern und den Bürgermeistern der Region vereinbart, die voraussichtlich Ende November stattfindet.
Der Kreistag gab im Juli grünes Licht für Bad Krozingen, das ein Berufsschulzentrum etablieren will. Das soll zum Schuljahr 2015/16 geschehen. In Müllheim löste dies beträchtliche Unruhe aus, da ein Teil der hier angesiedelten beruflichen Ausbildungsbereiche abgeben werden muss. In Zahlen sind es 400 bis 500 Schüler. Dagegen wehrt sich nun das Lehrerkollegium. Die Personalversammlung und die Schulleitung seien sich einig, dass die vorgesehene Veränderung der Schullandschaft nicht zu Lasten des beruflichen Schulangebotes und der Region gehen darf, heißt es in einer Pressemitteilung.
Vor allem geht es den Lehrern um den Erhalt des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums in Müllheim, das die Georg-Kerschensteiner-Schule 2011 ins Leben gerufen und damit großen Erfolg hat – mit zunächst einer Eingangsklasse, aufgrund der immensen Nachfrage im nun zweiten Jahr mit zwei Eingangsklassen und zusammen fast 90 Schülern. „Für uns ein sehr erfolgreiches Modell, das die Schule ungemein belebt“, betont Lehrerin Dagmar Segler-Traub, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Schule.
Das Einzugsgebiet reicht im Norden bis an den Rand Freiburgs und im Süden bis nach Efringen-Kirchen. Dass dies aufgegeben werden sollte, sei nicht einsehbar, sagt Segler-Traub. Bad Krozingen könne seinem Sozialwissenschaftlichen Gymnasium das ebenfalls mögliche Profil Gesundheit und Pflege geben, das zu der dort vorgesehenen schulischen Ausrichtung auch passen würde.
Bürgermeisterin Astrid Siemes-Knoblich deutet auf Anfrage der BZ an, dass die Entwicklung diesen Lauf nehmen könnte. Nach mehreren Gesprächen mit Kreiskämmerer Thomas Wisser, zum Teil auch mit Schulleiterin Beate Wagner, zeichne sich nach ihrer Einschätzung eine Richtung ab, die konsensfähig zu sein scheine. Ziel sei es, Kompetenzen zu bündeln – entsprechend des Raums, seiner Infrastruktur und seiner Industrie: in Bad Krozingen mit der Prägung Gesundheit und Pflege, in Müllheim mit Technik und technikorientierter Wirtschaft, nicht ausgeschlossen die Möglichkeit, einen Teil des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums in Müllheim zu halten.
Ein weiterer Gedanke, der in den Gesprächen gefallen sei, der allerdings erst mit den vorgelagerten Schularten abgesprochen werden müsse, sei die Etablierung eines sechsjährigen beruflichen Gymnasiums. Ihr sei wichtig, so die Bürgermeisterin, dass die Schülerzahl nicht unter 1000 falle, den demographischen Faktor mitberücksichtigt, und dass die Sanierungsphase der örtlichen Berufsschule, in die der Kreis einiges Geld steckt, genutzt wird, um realisierbare Konzepte zu entwickeln. Nach der Sanierung möchte Siemes-Knoblich „ante portas“ stehen. So will sie auch demnächst den Startschuss für den Auftakt für die Entwicklung eines Müllheimer Bildungskonzepts geben.
Davon unabhängig wollen Stadt und Kreis mit den Schulleitern und den Bürgermeistern im Bereich des Mittelzentrums Müllheim ein regionales Bildungsgespräch führen, voraussichtlich Ende November und vermutlich intern. Derweil sehen die Lehrer der Georg-Kerschensteiner Schule die Notwendigkeit, die Thematik in der Öffentlichkeit darzulegen und zu diskutieren. Sie wollen dafür alle Verantwortlichen zusammenbringen: Schulleiter, Bürgermeister, Kreis- und Lokalpolitiker. Der Bestand des breiten, flächendeckenden Bildungsangebots, von dem die Städte Müllheim, Neuenburg, Badenweiler und Kandern ebenso wie die umliegenden Gemeinden profitierten, dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden, ist die Devise der Lehrer.