Ganz Ohr für die Interessen der Schüler

Ganz Ohr für die Interessen der Schüler (veröffentlicht am Sa, 06. April 2019 auf badische-zeitung.de)

Die Staatssekretärin Bärbl Mielich war bereits zum zweiten Mal zu Gast in der Georg-Kerschensteiner-Schule / Themen wie die europäische Urheberschutzrichtlinie und „Fridays for Future“ wurden diskutiert .

MÜLLHEIM (hrl). Über Europa sprechen wollte Bärbl Mielich, Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Soziales und Integration bei einer Begegnung mit Zwölftklässlern der beruflichen Gymnasien an der Georg-Kerschensteiner-Schule. Doch die Schüler stellten auch jede Menge andere Fragen. Es entwickelte sich eine spannende Diskussion um ganz verschiedene Themen von der EU-Urheberrechtsrichtlinie über das bedingungslose Grundeinkommen bis hin zur Legalisierung von Cannabis.

Mielich, 66, sitzt seit 2006 für die Grünen im Stuttgarter Landtag und gestaltet seit 2016 als Staatssekretärin selbst Politik vor allem in den Bereichen Pflege- und Frauenpolitik. Über die hohe Zustimmung zur Politik ihrer Partei sei sie stolz, erklärt sie, nun wolle sie erfahren, ob das auch bei den Schülern der Fall sei.

Mit Europa hat vor allem das erste Thema zu tun, das die Gemüter der Schüler erhitzt: Die europäische Urheberschutzrichtlinie, die einige Tage davor vom europäischen Parlament angenommen worden ist. Ein Schüler fühlt sich dadurch in seinen Interessen übergangen und hat auch schon für die Freiheit im Internet demonstriert. „Wie ist Ihre Meinung?“, fragt er die Grünen-Politikerin. Mielich gesteht, nicht wirklich fit zu sein in dem Thema, stellt sich dann aber doch auf die Seite „kleiner Plattformen“, deren Interessen gegen die Macht der Verleger zu verteidigen seien. „Uploadfilter lehnen wir ab“, betont sie. Sie selbst sei durch die Anti-AKW-Bewegung sozialisiert worden, erinnert sich Mielich an ihre Anfangszeiten. Ebenso wie der Frauenbewegung sei es dieser gelungen, die Institutionen vor sich herzutreiben und Politik in ihrem Sinne zu entscheiden. Sie fordert die Schüler auf, weiter für ihre Interessen auf die Straße zu gehen und Stimmung zu machen: „Findet den Mut, für Eure Interessen zu kämpfen.“

Auch „Fridays for Future“ findet die Grünen-Politikerin toll, ohne aus Zeitgründen tiefer in das Thema einsteigen zu wollen. „Ich finde das sehr beeindruckend, und ich finde es gut, dass ihr das mit Schuleschwänzen kombiniert“, lobt sie. So funktioniere ziviler Ungehorsam. Sie mahnt aber auch: CO2-Einsparungen seien nicht ohne Einschnitte zu haben, vielmehr müssten wir auch unser Verhalten ändern, Zug fahren und Flugbenzin besteuern. Und sie wirft sich, auf eine weitere Schüler-Frage hin, für den Ausbau der Rheintalbahn in die Bresche, um endlich mehr Lkw auf die Schienen zu bekommen. „Wir brauchen den Ausbau, wir brauchen die Akzeptanz der Bevölkerung. Es gibt keine Alternative“, wirbt sie mit Nachdruck für das dritte und vierte Gleis.

Gar nicht zustimmen kann sie der Kritik einer Schülerin, es gebe zu wenige Möglichkeiten, sich als Jugendliche in die Politik einzubringen. Bei den Europawahlen könnten die Grünen dieses Jahr sogar mit der altersmäßig jüngsten Liste aufwarten, kontert sie. „Es liegt an Euch, Euch zu engagieren“, appelliert sie an die Schüler, sei es in der Jugendorganisation einer Partei oder einer anderen Organisation, sei es durch eine Kandidatur bei einer Wahl ab 18 Jahren.

Als es dann später wieder zurück zum Klimaschutz-Thema geht und ein Schüler provokant die Frage stellt, was denn die Schule unternehme, um Emissionen einzusparen, etwa mit Blick auf laufende Heizungen bei offenem Fenster, schalten sich auch die Gemeinschaftskundelehrer in die Diskussion ein: Schüler könnten eigenverantwortlich handeln, jeder da, wo er am ehesten etwas bewirken könne. „Wohin führen denn die Klassenreisen?“, fragt einer von ihnen die Schüler, und wie sie es fänden, statt nach Barcelona nach Schramberg im Bus zu fahren. Da müssen alle lachen.

Spätestens jetzt wird klar, dass die Zeit viel zu kurz war, um über all die im Unterricht vorbereiteten Themen zu diskutieren. „Über Steuern sprechen wir gern ein anderes Mal“, verspricht Bärbl Mielich noch, bevor sie eilig aufbricht zum nächsten Termin.


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